Coffee-to-go-Becher sind ein Fluch für uns geworden: Durch Starbucks und Co. wurden die Kaffeebecher zum Statussymbol, waren einfach mega cool und gehörten zum Lifestyle der busy people oder denen, die es sein wollten. Doch in den letzten Jahren fand ein Umdenken statt, der Trend geht wieder hin zur Qualität, zum Sich-Zeit-Nehmen (Stichwort "Entschleunigung") und vor allem hin zum Umweltschutz. Dass der Verbrauch von stündlich ca. 320.000 Wegwerfbechern in Deutschland absolut Banane ist, ist nicht nur bei den Gastronomen und der Bundesregierung angekommen. Seit einigen Jahren drängen Startups wie RECUP oder FairCup auf den Markt, die Pfandsysteme für Coffee-to-go Becher entwickelt haben. Welche Anbieter es noch auf dem Markt gibt, wie Gemeinden das Pfandsystem fördern und wie du als Café-Betreiber*in mitmachen kannst, erfährst du in diesem Beitrag.
Hier gehts direkt zur Anbieterliste.
Im Grunde funktioniert das Pfandsystem für Coffee-to-go-Becher wie das Dosenpfand: Deine Gäste "leihen" sich mittels einer Pfandgebühr (i.d.R. 1 - 2 Euro) den Mehrwegbecher für ihren Coffee-to-go bei dir aus. Ist der Kaffee leer, bringen sie ihn zurück zu dir oder geben ihn bei anderen Annahmestelle ab und erhalten so ihr Pfand zurück. Die Mehrwegbecher reinigst du in der Spülmaschine und kannst sie anschließend wieder herausgeben.
Einige der Anbieter verfügen über Apps, in denen die jeweiligen Abgabestellen aufgelistet bzw. in einer Karte dargestellt werden. Das macht es zum einen für deine Gäste einfacher, den Mehrwegbecher zurückzugeben und zum anderen kann dies für dein Café ein guter Kanal sein, um neue Kunden zu gewinnen.
Zunächst steht für dich ein bisschen Recherchearbeit an, welche Anbieter gibt es? Gibt es regionale Anbieter? Wird ein Pfandsystem in meiner Stadt gefördert? Mit diesem Artikel möchte ich dir dabei etwas Arbeit abnehmen. Weiter unten findest du eine Liste mit Anbietern für Pfandsysteme in Deutschland.
Bei der Auswahl solltest du darauf achten, dass es in deiner Umgebung mehrere Abgabestellen desselben Anbieters gibt. Das senkt die Hemmschwelle deiner Gäste, ihren Kaffee in einem Pfandbecher zu bestellen, enorm. Ist in deiner Stadt oder Gemeine noch kein Pfandsystem etabliert, scheue dich nicht davor, mit anderen Gastronomen in Kontakt zu treten. Gemeinsam könnt ihr eure Gäste besser sensibilisieren und dazu bringen, Mehrwegbecher zu benutzen. Oder ihr sprecht kollektiv eure Gemeinde an: Einige Gemeinden in Deutschland fördern Pfandsysteme ganz bewusst und führen ein solches mit entsprechenden Fördermitteln im ganzen Ort ein. Ein paar Beispiele findest du weiter unten.
Hast du dich für einen Anbieter entschieden, geht es generell ganz schnell: Du meldest dich auf der jeweiligen Homepage als Partner an und bestellst deine Becher. Die Becher an sich sind für dich ein durchlaufender Posten, da du sie wieder beim Anbieter zurückgeben kannst. Du bezahlst eine Jahres- oder Monatsgebühr, um das Pfandsystem zu nutzen.
Viele Anbieter bieten verschiedene Größen und Farben an, damit die Becher auch auf das Getränk abgestimmt sind. Manchmal kannst du sogar ein individuelles Design für dein Café bestellen.
Sind die Mehrwegbecher abgenutzt, schickst du sie an den Anbieter zurück. Dieser leitet sie anschließend an den Hersteller weiter, der die Becher anschließend recycelt. Prüfe in den AGB des jeweiligen Anbieters, ob du auch beschädigte Becher zurückgeben kannst.
Was ist, wenn meine Gäste keine Pfandbecher wollen? Das ist eine berechtigte Frage, denn wer will schon eine Systemgebühr für etwas bezahlen, was nicht angenommen wird? Stecke auf keinen Fall den Kopf in den Sand. Denn wenn das Pfandsystem funktionieren soll, bist du und dein Team gefragt.
In erster Linie ist es wichtig, deine Gäste zu informieren. Wenn du bereits auf Social Media aktiv bist und/oder eine eigene Website hast: Kündige dort an, dass ihr euch für den Umweltschutz einsetzt und nun Pfandbecher für Coffee-to-go anbietet. Viele Cafés bieten auch Rabatte an, wenn ihre Gäste auf Einwegbecher verzichten und eigene Becher mitbringen oder Pfandbecher verwenden.
Vor Ort kannst du ein Schild an die Eingangstür hängen, das dein Café als Partner von RECUP, CUPFORCUP, usw. ausweist. Platziere deine Pfandbecher prominent und gut sichtbar für deine Kunden.
Und zu guter Letzt: Deine Baristi sind diejenigen, die am nächsten am Gast dran sind. Sie müssen daher ebenfalls informieren und jedes Mal, wenn ein Coffee-to-go bestellt wird, auf die Pfand-Alternative hinweisen. Nur so bekommen deine Gäste ein Bewusstsein dafür und die Hemmschwelle, 1 - 2 Euro Pfandgebühr zu bezahlen, sinkt.
Es hat sich unter den Anbietern der Messwert etabliert, dass die Pfandbecher mindestens 500 Spülmaschinengänge durchlaufen können, ohne an Qualität zu verlieren. Die Becher an sich werden in Deutschland produziert und bestehen aus dem Kunststoff Polypropylen (PP), welcher eine gute Umweltbilanz und Langlebigkeit aufweist. Die Anbieter sind aber stets auf der Suche nach neuen, noch nachhaltigeren Materialien und stehen dazu mit den Herstellern in regem Austausch.
Berechtigte Frage: Muss ich weiterhin Wegwerfdeckel kaufen, wenn ich am Pfandsystem teilnehme? Die einzelnen Anbieter haben unterschiedliche Lösungen für ihre Deckel: Recup bietet beispielsweise einen Mehrwegdeckel an, der von Partnern an ihre Kunden verkauft werden und nicht Teil des Pfandsystems sind. FairCup hingegen liefert Pfandbecher inkl. Deckel. Andere Anbieter liefern komplett ohne Deckel. Informiere dich am besten bei deinem favorisierten Anbieter, ob sie die Deckel mitliefern bzw. ob dies bereits in Planung ist.
Alternativ gibt es mit dem udo® Mehrwegdeckel ein neues Produkt auf dem Markt, das Cafés ihren Gästen zum Verkauf anbieten können. Dieser Deckel funktioniert wie eine Dichtungskappe passt laut Herstellerbeschreibung auf alle gängigen Tassen und Becher mit einem Innendurchmesser von 72 - 82 mm. Der Verkaufspreis im Onlineshop liegt aktuell bei 9,95 Euro. Du als Café-Betreiber*in kannst auch individuelle Designs mit deinem Logo anfertigen lassen und den udo® so für deine Marketingzwecke nutzen.
Der Markt an Anbietern für Pfandsysteme in Deutschland ist recht überschaubar. Das macht allerdings Sinn, da Kunden so eine große Auswahl an Abgabestellen haben. Nachfolgend findest du Anbieter, die deutschlandweit im Einsatz sind sowie auch regionale Anbieter bzw. Aktionen.
Es haben sich zwei Anbieter etabliert, die ihr Pfandsystem in ganz Deutschland vertreiben:
Recup wurde 2016 in Rosenheim als GbR gegründet. Nach einigen Monaten an Tests wurde der Becher und das Pfandsystem stetig weiterentwickelt. Das Unternehmen zog nach der Fusion mit dem Berliner Pfandsystem JustSwapIt als GmbH nach München und wächst seitdem stetig - auch dank eines großen und positiven Medienechos.
Die Pfandbecher gibt es in drei verschiedenen Größen, sowie einen für alle passenden Mehrwegdeckel, der allerdings nur zum Verkauf angeboten wird. Um am Pfandsystem teilzunehmen, ist eine Systemgebühr fällig, die für verschiedene Laufzeiten abgeschlossen werden kann. Die Pfandbecher selbst leihst du bei Recup, sie sind daher für dich ein durchlaufender Posten. Individuelle Designs der Becher sind möglich.
Über die Recup-App sehen deine Gäste, welche Locations am Pfandsystem teilnehmen und wo sie ihre Becher zurückgeben können.
Vom FreiburgCup inspiriert, wurde der FairCup 2016 im Rahmen einer Projektarbeit des Abiturjahrgangs 2017 der BBS II in Göttingen umgesetzt. Das Schulprojekt traf genau den Nerv der Zeit und wurde nach anfänglicher Kritik und einigen Schleifen an Optimierung ein erfolgreiches Unternehmen mit deutschlandweiter Abdeckung. FairCup wurde 2019 sogar mit dem Umweltzeichen "Blauer Engel" ausgezeichnet.
Die Becher sind in vier verschiedenen Größen verfügbar und können nicht nur für Kaffee und andere Getränke verwendet werden, sondern auch für Speisen wie z.B. Eis, Müsli oder Salat. Entsprechende Mehrwegdeckel sind im Pfandsystem inbegriffen. Die Becher (inkl. Deckel) sind automatenfähig und können derzeit an Pfandautomaten in real-Märkten zurückgegeben werden.
Als FairCup Partner bezahlst du eine jährliche Systemgebühr sowie eine monatliche Mietgebühr für Becher und Deckel.
Im Folgenden findest du Anbieter und Systeme, die regional im Einsatz sind und oftmals von ihrer Gemeinde unterstützt werden.
Über die Geschichte von CUPFORCUP ist nicht sehr viel zu finden. In einem Zeitungsartikel wird erwähnt, dass auch hier der FreiburgCup als Inspiration gedient haben soll. Die beiden Gründer wollten nach einem Spielplatzbesuch mit ihren Kindern, bei dem sie einmal mehr erschrocken über die mit Wegwerfbechern gefüllten Mülleimer waren, ein ähnliches Konzept in Düsseldorf und Umgebung starten. Das erste Feedback der Gastro-Szene war positiv, so gründeten sie ein Unternehmen und begannen mit der Umsetzung des "Good Cups".
Zwei Bechergrößen sind im Angebot, diese werden von den teilnehmenden Betrieben geliehen. Zudem wird eine monatliche Systemgebühr fällig.
CUPFORCUP ist hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen im Einsatz, ansonsten finden sich vereinzelte Teilnehmer im Rest des Landes.
Der Hannoccino Pfandbecher wird seit 2017 von der aha (Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover) und der Stadt Hannover bei über 150 Stellen in der Region Hannover ausgegeben und wieder zurückgenommen. Die Partner reichen vom Fussballclub Hannover96 über viele Cafés und Bäckereien bis hin zur Kantine des Schauspielhauses Hannover.
Das Pfandsystem ist für die Partner kostenlos, die Pfandgebühr ist ein durchlaufender Posten. aha übernimmt die komplette Logistik, Abrechnung und das Marketing. Die teilnehmenden Partner müssen lediglich die Becher selbst spülen, bevor sie zurück an den Hersteller gehen können. Um teilzunehmen, musst du zuerst Kontakt via Formular aufnehmen.
Der FreiburgCup wurde 2016 von der Stadt Freiburg an den Start gebracht und diente seither als Vorbild für Pfandprojekte in ganz Deutschland. Offizieller Träger des Pfandsystems ist die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Freiburg GmbH. Laut eigenen Angaben sind die Becher und dazugehörigen Mehrwegdeckel an über 100 Stellen im gesamten Stadtbereich erhältlich und können dort auch wieder zurückgenommen werden.
Wenn du mit deinem Café in Freiburg am Pfandsystem teilnehmen willst, musst du vorher mittels Formular Kontakt aufnehmen.
Nachfolgend findest du eine Auswahl an weiteren regionalen Projekten, die von der jeweiligen Stadt bzw. Gemeinde ins Leben gerufen und teilweise finanziell unterstützt werden.
Die Kehr.Wieder Aktion wurde von der Stadt Hamburg (vertreten durch die Behörde für Umwelt und Energie) ins Leben gerufen und zielte darauf ab, Kunden einen Rabatt zu gewähren, die ihre eigenen Coffee-to-go Becher mitbringen. Diese Aktion wird nun seit Ende 2018 mit dem Startup RECUP aus München ausgebaut (Konditionen siehe oben). Über 250 Betriebe nehmen an der Aktion teil. Wenn du in Hamburg auch mitmachen willst, füllst du online ein Formular aus und erhältst anschließend weitere Informationen.
Auch die Stadt Heidelberg ist in Sachen Pfandsystem mit RECUP auf dem Vormarsch. Laut Internetseite der Stadt erhalten die ersten 50 Partner einen finanziellen Anreiz - aktuell sind 30 Partnerbetriebe gelistet (Stand: 10/2019). Ebenso werden die Teilnehmer durch Marketing und Öffentlichkeitsarbeit seitens der Stadt unterstützt. Setz dich am besten per Email oder telefonisch mit der Stadt in Verbindung, wenn du am Pfandsystem teilnehmen möchtest.
RECUP did it again. Die Stadt Stuttgart hat im Rahmen der Aktion "Stuttgart macht's rein" ein Pfandbechersystem eingeführt. Die teilnehmenden Partner werden finanziell bei der Systemgebühr unterstützt, zudem betreibt die Stadt Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für die Aktion. Wenn du mit deinem Café in Stuttgart mitmachen willst, meldest du dich am besten telefonisch oder per Email an die Landeshauptstadt Stuttgart.
In München hat sich die Specialty Coffee Szene zusammengetan und in Eigenregie ihr eigenes Pfandsystem ausgerollt: Standl20, sweet spot kaffee, Café Blá, bean batter und Vits Der Kaffee geben ihre Pfandbecher für 1 Euro ab und nehmen untereinander die Becher auch wieder zurück. Dein Café zählt auch zur Specialty Coffee Szene in München und du willst beim Pfandsystem mitmachen? Dann melde dich am besten bei einem der bereits teilnehmenden Cafés!
Der beste Becher ist der, der gar nicht gebraucht wird. Natürlich ist es für die Umwelt am schonendsten, wenn deine Gäste ihren Kaffee bei dir vor Ort genießen. Allerdings ist die Coffee-to-go Mentalität aktuell nicht wegzudenken und bringt dazu viele Vorteile mit sich: Deine Gäste haben die Freiheit, deinen Kaffee unterwegs zu trinken, mit in den Park zu nehmen oder für Freunde, Familie und Kollegen mitzubringen. Du als Gastronom*in kannst weitaus mehr Gäste bedienen und Kaffees verkaufen, als in deiner Location Platz haben. Das ist besonders vorteilhaft, wenn du eher kleine Räumlichkeiten hast. So oder so, Wegwerfbecher sind eine Last für unsere Abfallwirtschaft und letzten Endes für unsere Umwelt geworden. Dass du dich als verantwortungsbewusste/r Café-Betreiber*in dafür einsetzt, dass wiederverwendbare Becher eingesetzt werden, sollte auf der Hand liegen. Schau dich in deiner Gegend um, ob es schon Pfandsysteme oder entsprechende Projekte gibt - im besten Fall finanziell von der Gemeinde oder Stadt gefördert. Schließ dich mit anderen Gastronom*innen zusammen oder werde für dich alleine Partner bei einem deutschlandweiten Pfandsystem. Vor allem müssen du und eine Mitarbeiter*innen eure Gäste immer und immer wieder informieren und auf die Pfand-Alternative aufmerksam machen.